Die Antragsteller des Bürgerbegehren „Keine 5-zügigen Grundschulen in Bad Salzuflen!“ stellen sich und ihr Anliegen vor

Hier abgedruckt finden Sie die Rede der Antragstellerinnen und Antragsteller des Bürgerbegehrens „Keine 5-zügigen
Grundschulen in Bad Salzuflen!“ aus der Ratssitzung vom 18. Oktober 2023:

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratsmitglieder, sehr geehrte Damen und Herren, als Vertretungsberechtigte des Bürgerbegehrens bedanken wir uns, dass wir heute auch ein paar Worte zu dem Thema „Bürgerbegehren“ sagen dürfen.

Mein Name ist Christine Pons. Gemeinsam mit Frau Suett und Herrn Dr. Malcher habe ich das Bürgerbegehren „Keine 5-zügigen Grundschulen in Bad Salzuflen!“ auf den Weg gebracht.

Kurz zu meiner Person: Ich gehöre keiner Partei an und beruflich habe ich fast 40 Jahre im öffentlichen Dienst gearbeitet. Ich war für die Stadt Bad Salzuflen unter anderem als Verwaltungsleiterin der Volkshochschule und zuletzt bei der Kreispolizeibehörde Herford als Sachgebietsleiterin in der Rechtsabteilung tätig.

Ich bin Bürgerin von Ehrsen und engagiere mich seit vielen Jahren für unseren Ortsteil. Das ist mir auch sehr wichtig, da schon mein Vater unter anderem bei der Entstehung des Sporthauses Ehrsen mitgewirkt hat und sich bis zu seinem Tod immer für die Entwicklung des Ortsteils Ehrsen engagiert hat.

Wie viele Ehrser Bürger war ich überrascht, nein schockiert, als der Bürgermeister Ende letzten Jahres ankündigte, dass der Sportplatz Ehrsen samt Sporthaus einer fünfzügigen Grundschule weichen solle.

Gemeinsam mit Frau Suett und anderen Aktiven haben wir spontan über 1.500 Unterschriften gegen diese Planungen gesammelt, die wir bei der Informationsveranstaltung Anfang Februar dem Bürgermeister übergeben haben.

Wie viele andere Unterzeichner habe auch ich mich dabei intensiver mit den schulpolitischen Auswirkungen einer fünfzügigen Grundschule beschäftigt.

Natürlich bin ich – genauso wie Frau Suett und Herr Malcher – von meinem Alter her nicht mehr unmittelbar betroffen. Aber immerhin bin ich – wie Frau Suett – engagierte Oma und mein Enkelkind wird bald eine Grundschule besuchen.

Um es aber klar zu sagen: Es ist nicht richtig, auf die persönliche Betroffenheit abzustellen, wenn über eine so wichtige Schulfrage entschieden wird.

Wie und wo unsere Kinder ihre erste Schulerfahrung sammeln, geht uns alle an und ist eine eminent wichtige Bildungsfrage für die Stadtgesellschaft über Jahrzehnte hinaus! Schließlich sind die Kinder unsere Zukunft und wir alle tragen die Verantwortung dafür!

Mit unserem Bürgerbegehren setzen wir uns inhaltlich für folgende Positionen ein:

  1. Unsere Kinder sollen möglichst wohnortnah und in überschaubaren Einheiten ihre Grundschulerfahrung sammeln. Fünfzügige Grundschulen mit über 500 Kindern sind hierfür nicht geeignet. Das haben uns auch zahlreiche Grundschullehrerinnen und ehemalige Grundschulleitungen mit ihrer Unterschrift und im persönlichen Gespräch bestätigt. Es mag Städte und räumliche Konstellationen geben, wo eine solche Grundschule Sinn macht. In die ländliche und kleinstädtische Struktur der Großgemeinde Bad Salzuflen passt dieser Ansatz auf jeden Fall nicht.
  2. Die Grundschule Wasserfuhr leistet nach Ansicht vieler Eltern gute pädagogische Arbeit und präsentiert sich als gute Schulgemeinschaft. Das zeigt auch das Votum der Schulkonferenz, die sich einstimmig gegen die Pläne der Verwaltung ausgesprochen hat.
    Das Kernproblem der Grundschule Wasserfuhr ist das Gebäude. Das ist dem Rat seit vielen Jahren bekannt und auch seit vielen Jahren ungelöst. Diese gut funktionierende Schule aufzulösen, würde einen erheblichen Verlust für die Schullandschaft der Stadt Bad Salzuflen bedeuten.
  1. Es ist Fakt, dass die Grundschule Kirchplatz eine Brennpunktschule ist. Das liegt nicht an der Schule und selbstverständlich nicht an den Kindern, sondern am schwierigen sozialen Umfeld.
    Statt die Symptome durch „räumliche Verlagerung der Kinder“ zu beseitigen, sollten vielmehr die Ursachen angegangen werden, um das soziale Umfeld zu verbessern. Ab dem neuen Schuljahr ist der Schulverbund mit der Grundschule Holzhausen aufgelöst, so dass sich die Schulleitung, das Lehrerkollegium und die Stadt als Schulträgerin auf die besonderen Herausforderungen dieser Grundschule fokussieren können.
    Durch das Startchancen-Programm des Bundes und des Landes stehen zusätzliche finanzielle und damit auch zusätzliche personelle Möglichkeiten zur Verfügung. Diese gilt es jetzt konsequent zu nutzen, um die besonderen Herausforderungen anzugehen und die Grundschule Kirchplatz wieder für alle Eltern im Einzugsbereich attraktiv zu machen.
  1. Grundschulen sind für die Ortsteile mehr als ein Schulgebäude oder eine „schulorganisatorische Maßnahme“. Nicht nur für Ehrsen und Schötmar sind die Grundschulen wichtige soziale Treffpunkte und bilden einen wichtigen Teil der Identität eines Ortsteils ab. Von daher sind die Auswirkungen auf den Ortsteil bei einer solchen Weichenstellung immer mitzudenken.
  2. Letztlich hängt gute Bildung nicht vom Gebäude ab. Die Schulgebäude sind ein Baustein zu guter Bildung. Wir wünschen uns, dass alle Schulen eine gute Bausubstanz aufweisen und unsere Kinder unter optimalen Räumlichkeiten in kleineren Einheiten ihre ersten Schritte in schulische Bildung gut behütet und begleitet erleben dürfen.
  3. Unser intensives Gespräch mit Vertretern des Integrationsrats hat gezeigt, wie wichtig aus deren Sicht gelebte Alltagskontakte und persönliche Erfahrungen der Kinder und ihren Eltern im Schullalltag sind.
    Für uns nachvollziehbar befürchten Eltern mit Migrationshintergrund, dass das Miteinander in einer großen Grundschule erschwert und die Aufspaltung in Lagern bei einer größeren Schule noch ausgeprägter ausfallen könnte als dies schon jetzt der Fall ist.

Ich hoffe, dass Ihnen diese Begründungslinien zeigen, dass es uns im Kern um eine gute Schulentwicklung und ihre Auswirkungen auf das Miteinander im Ortsteil geht.

Es ist in Ordnung, wenn die Verwaltung und die den Beschluss tragenden Ratsfraktionen die Schließung der zwei Grundschulen Wasserfuhr und Kirchplatz und den Neubau einer fünfzügigen Grundschule öffentlich bewerben.

Eine solche öffentliche Diskussion wollten wir erreichen, damit sich die Bürgerschaft eine eigene Meinung und Einschätzung bilden kann.

  • Es ist allerdings nicht in Ordnung, wenn uns die zuständige Fachbereichsleiterin öffentlich unterstellt, dass es uns und den unterzeichnenden Bürgerinnen und Bürgern beim Bürgerbegehren gar nicht um das Thema Schule gehen würde. Das ist schlicht eine unsachliche Unterstellung.
  • Es ist auch nicht in Ordnung, dass in der offiziellen Kostenschätzung der Stadt die eingesparten Neubaukosten der Erich-Kästner-Schule durch den Umzug in das Gebäude der Grundschule Kirchplatz eingerechnet werden.
    Es ist bisher weder fachlich geprüft, ob dies gebäudetechnisch und pädagogisch sinnvoll ist und was ein solcher Umzug für Umbaumaßnahmen nach sich ziehen würde. Noch ist dieser Umzug Teil des Beschlusses des Rates vom 22.03.2023.
  • Erst recht nicht in Ordnung ist, wenn CDU, Grüne, FDP und Freie Wähler per Flyer suggerieren, dass in der neuen Schule ein Lehrschwimmbecken realisiert wird.

Zu Recht wurde kritisiert, dass der Ratsbeschluss im März ohne Klärung der Kosten und der Standortfrage getroffen wurde.

Wenn jetzt seitens der Verwaltung das Areal der Erich-Kästner- Schule als favorisierter Standort präsentiert wird, werden unsere Bedenken hinsichtlich der Erreichbarkeit und Lage der fünfzügigen Grundschule Schötmar nicht kleiner. Ob die vorgelegte Kostenschätzung in Höhe von 38,2 Mio. € bei einem abschnittsweisen Bauen haltbar ist, darf zudem bezweifelt werden.

Ich komme zum Schluss:

Die Gemeindeordnung bestimmt, dass die Verwaltung der Gemeinde ausschließlich durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt wird. Auch wenn der Rat durch die Bürgerschaft gewählt ist, hat die Gemeindeordnung vorgesehen, dass die Bürgerinnen und Bürger in ausgewählten Fällen und in einem streng geregelten Verfahren, an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden dürfen.

An dieser Stelle möchte ich nochmal deutlich machen, dass es uns Initiatoren des Bürgerbegehrens in erster Linie um die Demokratie in unserer Stadt geht. Es ist wichtig, dass die Bürgerschaft bei wichtigen Entscheidungen mitgenommen und nicht überrumpelt wird. Nur so tragen die Bürgerinnen und Bürger die Entscheidungen auch mit.

3.825 Bürgerinnen und Bürger aus dem gesamten Stadtgebiet haben mit ihrer Unterschrift unsere Forderung unterstützt, dass diese wichtige schulpolitische Frage durch die Bürgerschaft entschieden werden soll.

Wir möchten uns bei den Unterzeichnenden, bei unseren aktiven Unterstützern und auch bei den über 50 Abgabestellen dafür bedanken, dass wir es gemeinsam geschafft haben, dass es am 10.12.2023 zu einem Bürgerentscheid kommen wird. Jetzt entscheiden die Bürgerinnen und Bürger der Stadt über diese Frage!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!