wir schreiben Dir diesen Brief aus Lippe weil wir aus täglichen Anrufen, Emails und Gesprächen zutiefst besorgt sind. Wir sind mit vielen Menschen besorgt über die Sicherheit unseres Landes, über die Sicherheit in Europa und um die Zukunft der Ukraine. Diese Sorgen haben einen Ursprung und der heißt Wladimir Putin.
Wir erinnern uns noch an die große Rede die Putin im Jahr 2001 im Deutschen Bundestag gehalten hat. Diese führte zu einer neuen Hoffnung. Es war die Hoffnung auf einen neuen friedenspolitischen Prozess und einer engeren Zusammenarbeit zwischen Russland und der Europäischen Union.
Wir erinnern uns auch an Deine Haltung im Konflikt mit dem Irak. Du hast mit hohem persönlichen Einsatz sichergestellt, dass Deutschland sich nicht an den kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Irak beteiligt hat. Deine Aussagen zur Situation im Irak haben sich zwischenzeitlich bewahrheitet.
Wir hätten uns aber auch gewünscht, dass Du dem russischen Präsidenten gegenüber deutlich gemacht hättest, dass ein Überfall auf die Ukraine ein völkerrechtliches Verbrechen und durch nichts zu rechtfertigen ist. Schon heute haben mehr als zehntausend Menschen in diesem Krieg ihr Leben verloren. Das sind Opfer, die wir alle betrauern. Eine politisch diplomatische Lösung wird dadurch immer schwerer.
Du hast in den vergangenen Jahren viele Aufgaben in der russischen Energiewirtschaft übernommen. Wir hätten uns spätestens jetzt den Ausstieg aus diesem beruflichen Engagement gewünscht wie ihn auch der ehemalige österreichische Bundeskanzler und Genosse Christian Kern vollzogen hat. Nach dem Überfall auf die Ukraine durch russische Truppen wäre dieser Schritt unausweichlich gewiesen, wenn Du den sozialdemokratischen Werten noch verbunden bist. Diese bestehen unter anderem in der Unterstützung von Frieden und Freiheit. Unsere Grundwertekommission hat festgehalten: „Wer anderen Unfreiheit zumutet, kann auf Dauer selbst nicht frei sein.“
Du erlebst selbst derzeit das Unverständnis im Sport, in der Kultur und in vielen anderen Bereichen über Dein fortgesetztes Engagement für russische Firmen und damit auch für den Präsidenten Russlands. Dir ist auch nicht verborgen geblieben, wie große Teile der Mitgliedschaft in unserer Partei auf Dein berufliches Engagement reagieren. Im Interesse des Ansehens der deutschen Sozialdemokratie fordern wir Dich auf, Dich zu entscheiden: Möchtest Du Mitglied unserer Partei bleiben oder Deine beruflichen Aktivitäten für russische Staatskonzerne fortsetzen? Beides miteinander zu vereinbaren, ist nicht mehr möglich.
Unsere Partei erinnert sich sehr wohl an Deine Verdienste für uns. Du solltest Dich aber auch daran erinnern, dass Du der Partei viel zu verdanken hast. In den letzten Jahrzehnten hast Du oftmals ein sicheres Fingerspitzengefühl für Stimmungen und Meinungen bewiesen. Beweise bitte, dass Dir dieses nicht verloren gegangen ist und ziehe die Konsequenzen, die unvermeidbar sind. Die Lipperinnen und Lipper erwarten dies von Dir.
Viele Grüße
Rainer Brinkmann
Kreisgeschäftsführer